Das Abo-Modell: Beispiel Netflix
Digitalstrategie

Das Abo-Modell: Beliebter denn je!

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Sie wollen das Videomaterial von der letzten Geburtstagsfeier zusammenschneiden, aber die kostenlosen Programme sind eher sperrig in der Handhabung? Oder sind Sie ein Fan von Gesellschaftsspielen und wünschen sich, immer neue Spiele ausprobieren zu können? Beispiele, in denen heute mit einem Abo-Modell gearbeitet wird, sind schier unendlich – und haben nur noch wenig mit dem zu tun, was man landläufig früher unter einem Abonnement verstand. Das neue Abo-Geschäftsmodell findet immer mehr Anhänger. Und das aus gutem Grund.

Von den Anfängen des Abo-Modells

Die ersten Abonnements sind eng mit der Geschichte des Drucks und Zeitungen verbunden. Bereits zu Beginn des 17. Jahrhunderts gab es erste Druckerzeugnisse, die per Abonnement zu ihren Leser:innen gelangten. Damals wurde nur gedruckt, was auch – vorab – bezahlt wurde. Heute ist davon natürlich keine Rede mehr. Doch der Gedanke des „Zahle, um zu nutzen“ hat sich auch in ganz ungewöhnlichen Bereichen mittlerweile durchgesetzt.

Im Laufe der Zeit gab es einen Wandel, gerade bei Zeitungen, auch hin zum Abverkauf an Zeitungskiosken. Gerade in England gab es eine Zeit, in der man sich das bevorzugte Tagesblatt an Kiosken gegen eine Vorabzahlung reservieren lassen konnte. Das sicherte einerseits, dass das Blatt nicht vergriffen sein würde und war andererseits auch im Preis günstiger als ein Abo direkt beim Verlag.

Die 5 heutigen Abo-Modelle

Der Vorteil des Abo-Geschäftsmodells ist offensichtlich. Es sichert kalkulierbare und planbare Einnahmen für Unternehmen. Der Artikel wird sicher in zumindest dieser Zahl abverkauft. Doch es gibt Dinge, in denen sich Abo-Modellen unterscheiden, die man als Kunde oder Kundin heute in Anspruch nehmen kann.

Ad hoc – Quantität statt Qualität

Dieses Abo-Modell begegnet uns vor allem bei Mobilfunkunternehmen. Sie kennen sicher das Gefühl, dass man als Neukund:in mit tollen Angeboten und Incentives überhäuft wird, das neueste Telefon für Minimalbeträge angeboten wird und selbst noch ein paar Monate ohne Grundgebühr zum Paket gehören. Steht dann die erste Vertragsverlängerung an, fühlen sich Kund:innen schnell enttäuscht. Denn der Kundenbindung wird bei Mobilfunkanbietern oft weit weniger Aufmerksamkeit geschenkt als Neukund:innen.

Der Service generell nimmt an Qualität ab. Die Antwort auf die Frage nach dem „Warum?“ liegt an der Ad Hoc-Einstellung. Hier werden Abozahlen eher rückblickend betrachtet. Wie viele neue Abos (Mobilfunkverträge) konnten verkauft werden?

Kundenbindung nebensächlich

Was bei diesem Modell besonders auffällt, ist, wie uneinheitlich das Kundenerlebnis ist. Gerade, weil das Augenmerk in Sachen Service nur darauf liegt, die Kund:innen zum Abo-Abschluss zu bringen, wird auf Service im Weiteren kaum noch Wert gelegt. Kund:innen können sich deswegen schnell frustriert fühlen und das Abo bei erster sich bietender Gelegenheit wieder kündigen.

Heute überholt

Diese Herangehensweise ist heute überholt. Denn immer mehr Unternehmen erkennen, dass es in diesem Abo-Modell nur eine Richtung gibt: immer stärkeres Wachstum. Doch gerade, wenn der Markt so gut wie gesättigt ist, müssen neue Modelle entwickelt und Wege gefunden werden, wie man Kund:innen bindet. Allen voran aber muss die interne Bewertung eines Neu- im Vergleich zu einem Bestandskund:innen neu überdacht werden.

Opportunistisch – schnell zum Abo, schnell wieder raus

Bei der opportunistischen Herangehensweise stellt das Unternehmen vor allem das Alleinstellungsmerkmal der eigenen Dienste oder Produkte im Vordergrund. Auch hier geht es weniger darum, was der Kunde oder die Kundin (langfristig) will. Stattdessen ist der gesamte Prozess darauf abgezielt, dass sich Kund:innen schnell und einfach für ein Abo anmelden können.

Eigener Bedarf entscheidet

Der Kunde oder die Kundin entscheidet ganz individuell darüber, wie viel ihm der Artikel wert ist und wird das Abo auch nur so lange aufrecht erhalten. Ist das Produkt einmal nicht mehr nützlich oder erstrebenswert, ist also das durch das Unternehmen hervorgehobene Alleinstellungsmerkmal verloren gegangen, werden sich Kund:innen nach anderen Modellen umsehen.

Neukund:innen im Vordergrund

Auch bei dieser Version der Abo-Modelle geht es weniger um die bereits gewonnenen Kund:innen als vielmehr darum, was die Akquise neuer Kund:innen kostet. Hier werden vor allem Werbekosten in Betracht gezogen.

Dadurch, dass der Fokus der Unternehmen eben nicht auf den Kunden oder die Kundin, sondern auf Werbekosten liegt, ist dieses eines der Modelle, die schwer skalierbar und vorhersehbar sind. Eben da Kund:innen hier ganz individuell über den Wert der Dienstleistung für sich selbst entscheiden, hat das Unternehmen kaum Möglichkeit, auf die Verlängerung des Abo-Modells hinzuwirken. Hier wird nur bei der Werbung und im Marketing angesetzt, bestehende Abonnements und die Bedürfnisse oder Wünsche der bereits gewonnenen Kund:innen werden außer Acht gelassen.

Reproduzierbar – Kundenbeziehungen gewinnen an Relevanz

Während die oben vorgestellten Abo-Modelle die ersten Schritte in Sachen Abos waren, haben Unternehmen seither erkannt, dass die reine Anzahl an neuer Abonnements wenig Aussagekraft hat und vor allem nicht nachhaltig ist. So wurde also damit begonnen, den bereits gewonnenen Kund:innen mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

Kundenlebenszyklus gewinnt an Relevanz

Das Augenmerk eines Unternehmens richtet sich in diesem Modell also nicht mehr nur ausschließlich auf Neukundenakquise. Vielmehr bekommt die Idee des Kundenlebenszyklus mehr Raum. Dies bedeutet nichts anderes, als dass die Beziehung zwischen Unternehmen und Kund:in beginnt, mit Leben gefüllt zu werden. In beide Richtungen. Zum einen entwickeln Unternehmen Möglichkeiten, um ein Abo bei Nichtzahlung sofort abzuschalten, zum anderen wird aber auch den Kund:innen ermöglicht, selbst Hand and das Abo zu legen, eventuell Dienstleistungen hinzuzubuchen oder aber das Angebot herunter zu fahren. Der Nutzer oder die Nutzerin selbst wird autonomer und schätzt die gegebene Flexibilität.

Kommunikation auch untereinander

Doch nicht nur die Kommunikation zwischen Kund:innen und Unternehmen wird aktiver. Unternehmen eröffnen mittlerweile nach und nach Kanäle, auf denen die Kund:innen auch miteinander in Kontakt treten können und ihr Zusammengehörigkeitsgefühl untereinander und mit der Brand zum Ausdruck bringen können. Die Kundenbindung wird dadurch weiter gestärkt.

Stärkere Bindung führt zu mehr Zahlungsbereitschaft

In diesem Modell zeigt sich, was heute der größte Vorteil der Abo-Dienste aus Unternehmenssicht ist: Kund:innen, die zufrieden mit ihrem Abo-Modell sind, sind bereit, auch mehr Geld für dieses auszugeben.

Denken wir nur wieder an das Beispiel Mobilfunk. Sie als Kunde oder Kundin sind zufrieden mit den gebotenen Dienstleistungen und beschließen, von der Basis-Version zu einer höheren Preiskategorie zu wechseln. Gleichzeitig wollen Sie auch einen neuen Vertrag für Ihr Kind und werden deswegen die Angebote ihres Providers bevorzugen statt sich nach einem anderen Anbieter umzusehen. Durch die Bindung wird einerseits die Kundenfluktuation verringert, andererseits auch die Einnahmen über einen Kunden allein erhöht.

Verwaltet – Kundenstamm im Vordergrund

Der nächste große Schritt in Sachen Abo-Modell ist der Schritt zu verwalteten Abo-Modellen. Dies bedeutet, dass Kund:innen nicht mehr nur selbst ein Abo abschließen und beenden können und das Unternehmen Abo-Dienste einfrieren können, sondern sie das Angebot selbst ausfüllen und gestalten.

Congstar als Beispiel

Das wohl bekannteste Beispiel für dieses Abo-Modell ist der Mobilfunkanbieter Congstar. Von Anfang war das Unternehmen darauf bedacht, dass Flexibilität das oberste Merkmal der Abo-Modelle ist. Mobilfunk war eine der Branchen, die zum Ende der Nuller-Jahre langsam übersättigt war. Es musste ein neues Geschäftsmodell her. Congstar füllte diese Lücke.

Die genutzten Dienstleistungen können hier vollkommen frei und individuell gestaltet werden. Die Marke geht gar so weit, dass sie selbst das Kündigen leicht macht. Was im ersten Moment wie ein Widerspruch zur Idee der Abo-Modelle klingt, ist aber tatsächlich das, was Kund:innen hält. Je mehr Autonomie wir als Kunde oder Kundin fühlen, umso mehr vertrauen wir dem Anbieter und werden bleiben.

Während Kund:innen also die Chance haben, frei zu entscheiden, erhalten Anbieter dafür mehr und mehr Informationen darüber, was tatsächlich ankommt, welche Produkte oder Dienstleistungen bei Kund:innen beliebt sind. Damit können mittelfristig solche Angebote aus dem Portfolio entfernt werden, die zwar Geld kosten, jedoch im Gegenzug nicht genug einbringen.

Optimiert – individuell zugeschnitten

Die letzte Phase des Abo-Modelle ist, wenn diese optimiert für Kund:innen angeboten werden. Hier reden wir von Abonnements, die fast maßgeschneidert sind. Das Ziel des Unternehmens ist es, aus einem Lead einen Abonnenten zu machen. Hier geht es nicht um den Verkauf eines einzelnen Produktes, sondern wirklich darum, den Kunden oder die Kundin langfristig zum Kundenstamm hinzuzufügen.

Dabei ist es wichtig, dass den Kund:innen von Anfang an ein hochwertiges Erlebnis geboten wird. Beispielsweise darf es in Angebot und Annehmlichkeit keinen Unterschied machen, ob ein Abo an einem POS oder online abgeschlossen wird.

Warum das Abo das Geschäftsmodell der Zukunft ist

So viel Aufwand für eine eventuell geringere monatliche Gebühr? Ergibt das wirklich Sinn? Betrachtet man das Angebot an stetig wachsenden Abo-Modellen, definitiv. Heute kann fast alles im Abo gekauft werden. Branchen wie Softwarehersteller haben schon lange erkannt, dass ein kleiner Betrag für ein monatliches Abo eine wesentlich geringere Hemmschwelle darstellt.

Der Softwareriese Adobe ist das beste Beispiel. Während spezialisierte Produkte wie Premiere Pro schnell mehrere Hundert Euro kosten konnten, entschieden sich gerade „Hobby-User“ eher dafür, eher Raubkopien zu verwenden, als so viel Geld zu investieren für etwas, dass sie eventuell nur kurz nutzen werden. Außerdem ist gerade bei Softwares die Halbwertzeit nicht allzu lang und neuere Versionen stets neu zu kaufen wäre wohl jedem irgendwann zu viel.

Menschen können sich heute Programme über die Cloud für kurze Zeit „kaufen“ und über zusätzliche Käufe weitere Tools hinzufügen. Der Preis für ein monatliches Abo ist nur ein Bruchteil des früheren Kaufpreises. Interessanterweise ist die einmal geschlossene Mitgliedschaft bei Adobe nicht an Käufe gebunden. Stattdessen kann ein Produkt bestellt, genutzt und wieder abbestellt werden. Die Branche hat erkannt, dass dies der Weg ist.

 

Socken als Beispiel des Abo-Modells
Quelle: Pexels

Ungewöhnliche Abo-Dienste

Abos bei allem, was digital ist, sind heute alltäglich. Ein Beispiel, was aber vielleicht überrascht, ist, dass auch Socken im Abo bestellt werden können. Hier bekommen Kund:innen in regelmäßigen Intervallen neue Socken geschickt. Dabei steht der Bequemlichkeitsfaktor klar im Vordergrund. Kund:innen können sich zwischen Designs und Formen entscheiden, der Service kann individuell gestaltet werden. Doch auch Rasierklingen können im Abo bestellt werden. Gegen einen monatlichen Beitrag erhalten Herren in regelmäßigen Abständen Rasierzubehör ins Haus geliefert. Doch was macht den Reiz dieser ungewöhnlichen Intervalllieferungen aus?

Zum einen wäre da Bequemlichkeit. Obwohl Strümpfe sicher nicht das Beispiel für modische Trends sind, sind sie doch ein nicht unbedeutendes Accessoire. Wirklich witzige oder besondere Exemplare findet man jedoch nur selten. Um also nicht unnötig Zeit mit der Suche zu verschwenden, können Strümpfe eben auch bequem bestellt werden.

Zum anderen ist es das Gefühl, dass eigene Wünsche und individuell wichtige Themen Beachtung finden. Sicher, der Preis ist eventuell höher, doch das Gefühl ist für viele Menschen bei einer Kaufentscheidung heute mindestens genauso wichtig, wie der Artikel selbst.

Menschen im Vordergrund

Es zeigt sich also, dass in Sachen Abo-Modelle ein ganz klarer Wandel stattgefunden hat. Weg vom Gedanken des immer mehr neue Abschlüsse hin zu „welcher Service ist für unsere Kund:innen wirklich wichtig?“. Diese Frage ist es, die sich Unternehmen immer mehr stellen. Kund:innen spüren diesen Paradigmenwechsel und belohnen es mit Treue und damit, dass sie auch in sozialen Medien hier und da einen positiven Kommentar hinterlassen.

Der Wert treuer, langfristiger Kund:innen liegt jedoch nicht nur in einer kalkulierbaren Einnahme. Sondern mit der heute geforderten Flexibilität sind auch solche Abonnenten von Bedeutung, die immer wieder zum Produkt zurückkehren.

Kund:innen da abholen, wo sie sind gewinnt ebenfalls an Bedeutung. Eine Anzeige gezielt einzusetzen ist ebenfalls eine neue Herausforderung. Denn zum richtigen Zeitpunkt eingesetzte Werbung hat einen wesentlich höheren Wirkungsgrad. So können Kosten im Marketing gar reduziert werden – und statt dessen beispielsweise in die Produktentwicklung oder Kundenbindung investiert werden.

Der Wandel ist noch immer nicht überall angekommen. Noch immer gibt es Branchen, in denen Neukund:innen heiß umworben sind, das Interesse aber schon nach der Unterschrift schnell nachlässt. Doch wer heute langfristig erfolgreich sein will, der kommt als Unternehmen nicht umhin, sich detailliert mit Kundenbeziehungen auseinanderzusetzen. Denn im Wettbewerb um Aufmerksamkeit auf einem in vielen Bereichen gesättigtem Markt ist dies, was den Unterschied macht.

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