Storytelling in der Kommunikation
Content Marketing

Storytelling: Die alte Kulturtechnik für Kommunikation nutzen

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Storytelling in der Unternehmenskommunikation bedeutet nicht, dass ein Manager zum Märchenonkel mutiert. Richtig angewandt, können Unternehmen und Kommunikationsprofis die Vorteile einer der ältesten Kulturtechniken der Menschheit für sich nutzen. Ob Marketing, PR oder Sales – eine gute Geschichte weckt Emotionen. Zudem verpackt sie das eigene Unternehmens-Messaging in anschauliche Metaphern und Bilder, so dass Informationen einfach und einprägsam vermittelt werden.

Brillantes Storytelling

Gute Geschichten zu schreiben ist eine Kunst. Stories sollen mitreißen, eine unmittelbare Reaktion provozieren, schließlich sollen sie ja weitererzählt werden und viele Menschen erreichen. Absolutes Vorbild in Sachen Storytelling im Managementbereich ist und bleibt der verstorbene Apple-Gründer Steve Jobs. So bescheinigten ihm die beiden Organisationsforscher Abz Sharma und David Grant: „Er nutzte das Geschichtenerzählen als mächtiges Überzeugungsinstrument.“

Storytelling muss nicht nur auf der Bühne und mit der Brillanz eines Steve Jobs erfolgen. Auch die Headline einer Pressemitteilung kann sinnbildlich für eine Kampagne stehen. Sprachbilder ermöglichen prägnante Überschriften und kurze Headlines erhöhen die Chance, von Journalisten wahrgenommen zu werden.

3 akt struktur
Quelle: Reedsy

Eine gute Orientierung für das Erzählen von Geschichten bietet das klassische Drama „Drei-Akter“. Es geht auf die Poetik von Aristoteles zurück und wurde von Syd Field als Format für den Film perfektioniert. Den Übergang zwischen den Akten markieren dramaturgische Wendepunkte („Plotpoints“), die auch Sie in Ihrer Story einbauen können.

Nicht das Unternehmen ist der Held: Wie erreichen Sie den Leser?

Dennoch sollte ein Text, Video oder Bild nicht ausschließlich eine Geschichte erzählen. Um beim Beispiel der Pressemitteilung zu bleiben: Der Einstieg in die Meldung kann das Sprachbild der Headline aufgreifen, allerdings sollten dann die Neuheiten, die Sie ankündigen wollen, auch aufgeführt und erläutert werden. Das bedeutet: das Vermitteln von Daten und Fakten oder Produktinformationen wird in die Story eingekleidet.

Entscheidend beim Storytelling ist, dass der Held der Geschichte nicht das eigene Unternehmen oder Produkt ist. Eigenlob und das Aufzählen von Produktvorteilen ist hier fehl am Platz. Vielmehr sollten Sie den Grund, das WARUM man eine Geschichte erzählt, in den Vordergrund stellen. So setzen auch gute Geschichten im Business-Umfeld auf das klassische Drama  – welche Problemstellungen und Herausforderungen gab es? Welche Startschwierigkeiten galt es zu meistern? Haben Sie es geschafft, hier Wege aufzuzeigen, mit denen die anvisierte Zielgruppe etwas anfangen kann, so haben Sie durch Ihre Story die Tür beim Gegenüber weit aufgestoßen.

Die Kinderfrage „Warum?“ steht an erster Stelle

Nach dem „Goldenen Kreis“ von Simon Sinek kommt an erster Stelle stets die Frage nach dem „Warum“, erst danach das „Wie“ und zuletzt das „Was“. Jede Firma weiß, was sie tut, manche wissen, wie sie es tun, doch nur wenige wissen, warum sie tun, was sie tun. Warum, also welche Mission, welche Idee steht hinter Ihrer Firma, Ihren Dienstleistungen und Produkten?

golden circle, goldener Kreis nach Simon Sinek, Sortlist

Innovative Firmen wie Apple handeln und kommunizieren von innen nach außen, also vom Warum, über das Wie zum Was. Diese Organisationen haben verstanden, dass es nicht auf die Aufzählung von Produkteigenschaften oder Leistungsmerkmalen ankommt. Es kommt stattdessen auf ein positives Gefühl an, das in dem Teil unseres Gehirns entsteht, der evolutionsbiologisch sehr alt ist und tief im Hirnstamm sitzt: das limbische System.

Holen Sie den Leser also über das Warum ab, reicht es oft aus, nur ein kleines, auf die Zielgruppe abgestimmtes, Element der Story zu erzählen. Die menschliche Kreativität, sprich die schöpferische Kraft in den Gehirnen des Publikums, wird zuverlässig alle Lücken füllen. Eine gut erzählte Geschichte ist auch heute noch faszinierend, wenn Sie Storytelling wohl dosiert einsetzen.

Eisbergstorytelling – Weniger ist mehr

Sie müssen nicht jede Information in eine umfassende Geschichte verpacken. Zwischen dem Wissen, was eine Story ist und wann oder wie diese im täglichen Geschäft eingesetzt wird, klafft noch immer eine riesige Lücke. Wollen Sie beispielsweise technische Informationen an ein Fachpublikum vermitteln, so wird eine aufwendig in mehreren Akten aufgebaute Dramaturgie in der Regel als störend und kontraproduktiv empfunden. Doch wie der bekannte US-Kommunikationscoach John Bates mahnt, spielen alle Fakten und Zahlen keine Rolle, solange sie keine emotionale Verbindung haben. Dies gilt auch im B2B-Umfeld.

Der Schlüssel zum Erfolg für diesen vermeintlichen Gegensatz liegt im „Eisberg-Storytelling“. Denn Sie müssen nicht immer die ganze Geschichte erzählen. Die Kunst liegt im Weglassen. Um die gewünschte Aufmerksamkeit zu erhalten, werden nur ausgewählte, auf die Zielgruppe abgestimmten Bausteine der Story wiederholt. Wie es schon der Meister des Weglassens Ernest Hemingway oder auch Steve Jobs bei der Produktentwicklung tat: Alles Überflüssige weglassen!

„Fakten und Zahlen spielen keine Rolle, solange sie keine emotionale Verbindung haben.“

John Bates

„Wenn ein Prosaschriftsteller genug davon versteht, worüber er schreibt, so soll er aussparen, was ihm klar ist. Wenn der Schriftsteller nur aufrichtig genug schreibt, wird der Leser das Ausgelassene genauso stark empfinden, als hätte der Autor es zu Papier gebracht. Ein Eisberg bewegt sich darum so anmutig, da sich nur ein Achtel von ihm über Wasser befindet.“ – Ernest Hemingway, Death in the Afternoon

Gute Storys sind wie Eisberge. Als 6-Wörter-Drama in die Geschichte eingegangen ist Hemingways Shortest-Story: „For sale, baby shoes, never worn.“ Der unsichtbare Teil dieses Eisbergs zeichnet sich vor dem inneren Auge und im Herzen des Lesers ab.

Keine Story ohne Substanz: Wie kann ich Inhalte für meine Story generieren?

Doch was tun, wenn das Futter für Stories rar ist? Nicht immer gibt es neue Produkte, Dienstleistungen oder Informationen aus dem Unternehmen, die wirklichen Nachrichtenwert haben. Um dennoch im täglichen Wettbewerb die Aufmerksamkeit von Kunden und Öffentlichkeit zu gewinnen, können Studien Ihnen geeigneten Stoff für eine gute Story liefern. Denn aus Studien lassen sich Trends ableiten, Schlüsse ziehen, Fragen aufwerfen. So können Sie Aufhänger finden und Fäden spinnen, aus denen Geschichten gewebt werden können. Diese finden vor allem dann Beachtung  in digitalen und analogen Medien, wenn Ihre Ergebnisse überraschend, brisant oder nützlich sind und so die Leser für das Thema gewinnen.

Fazit

Erfolgreiches Storytelling lebt von den Emotionen, die Sie beim Leser wecken – und sei es nur die Headline, die den Leser emotional anspricht. Damit das gelingen kann, müssen Sie zunächst die zentrale Frage klären, warum überhaupt kommuniziert wird:  Warum sollte sich der Leser für das Unternehmen oder Thema interessieren? Nach dieser Klärung können Sie die Geschichte spinnen, dramaturgisch aufgebaut werden und mit Fakten und Illustrationen bereichert werden.

Florian Schafroth ist Agenturdirektor bei Berkeley Kommunikation, einer Münchner PR-Agentur mit Schwerpunkt Storytelling in den Bereichen IT, Tech und Automotive.

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