Ankereffekt
Marketing

Ankereffekt und seine Auswirkungen auf den Umsatz

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In der Welt des Marketings und der Werbung wird auf unterschiedliche Mittel zurückgegriffen, um Kundinnen und Kunden zum Kauf von Produkten oder Dienstleistungen zu animieren. Ein psychologischer Trick, der besonders wirksam ist, ist der Ankereffekt, der in den verschiedensten Branchen angewendet werden kann.

Was genau der Ankereffekt ist und wie Sie diesen für Ihre Vertriebsstrategie sinnvoll einsetzen können, erklären wir heute in unserem Beitrag. Interessante Beispiele und eine Menge Hintergrundinformation erwartet Sie. Fangen wir an!

Was ist der Ankereffekt?

Der Ankereffekt beruht auf einem psychologischen Phänomen, bei dem sich Menschen unbewusst von bestimmten Faktoren beeinflussen lassen. Diese Faktoren müssen nicht unbedingt relevant für die Entscheidung sein. Umgebungsfaktoren können Preisgrenzen oder Zahlenwerte sein, an denen sich Kundinnen und Kunden orientieren und anhand dieser sie Entscheidungen treffen. Das Prinzip des Ankereffekts wurde ausführlich in der Kognitionspsychologie erforscht.

Wie und warum tritt er auf?

Eine der ersten Studien, die sich intensiv mit dem Ankereffekt befassten, führten 1974 Daniel Kahneman und Amos Tversky durch. In ihrer Studie „Judgement under Uncertainty: Heuristics and Biases“ (zu deutsch: Urteilsvermögen unter Unsicherheit: Heuristiken und Verzerrungen) fanden sie heraus, dass äußere Bedingungen starken Einfluss auf persönliche Einschätzungen haben, auch wenn diese keinen wirklichen Einfluss auf das Ergebnis haben.

Die sogenannte Urteilsheuristik, die dem Ankereffekt zugrunde liegt, ist ein Orientierungsmechanismus, der evolutionär gesehen sehr sinnvoll war und ist. In vielen Situationen ist es nicht möglich, alle relevanten Informationen in kurzer Zeit zu erfassen. Die Entscheidung wird aufgrund von Erlebtem getroffen, dass als Referenzpunkt dient.

Der Ankereffekt ist ein unbewusster Denkfehler, der schwer umgangen werden kann. Sogar wenn in Umfragen darauf hingewiesen wurde, dass der Ankereffekt eingesetzt wird, konnten sich die Versuchspersonen in Studien der Kognitionsforscher Boo und Furnham der Wirkung nicht entziehen.

Beispiele für den Ankereffekt

Generell wird in zwei unterschiedliche Varianten des Ankereffekts unterschieden, den bewussten und den unbewussten Anker.

Unbewusste Anker dank Priming-Effekt

Bei diesem Basic Anchoring Effect ziehen die Menschen aus der Umgebung Informationen als Referenzgröße ab, um Schätzungen abzugeben. Wie Daniel Kahneman mit seinem Glücksrad-Experiment bewiesen hat, können willkürliche Zahlen Einfluss auf spätere Einschätzungen nehmen.

In diesem speziellen Experiment wurde zuerst ein Glücksrad gedreht, das entweder bei 10 oder 65 stehen blieb. Anschließend wurden die Testpersonen befragt, wie hoch sie den Anteil der afrikanischen Staaten in der UNO einschätzen. Wurde die Zahl 65 erspielt, fielen die Schätzungen wesentlich höher aus, als wenn die Zahl 10 erdreht wurde.

Bewusste Nutzung eines Ankers

Mit dem Begriff Ankerheuristik wird das bewusste Einsetzen von Ankern bezeichnet. Normalerweise verfügen die Menschen in diesem Fall nur über wenige Informationen und orientieren sich an bereits existentem Wissen oder Zahlen und Informationen, die direkt vor Ort bereitgestellt werden. 

Wird zum Beispiel gefragt, wie hoch die Siedetemperatur von Wein ist, werden die meisten Menschen wegen mangelndem Wissen den Siedepunkt von Wasser als Referenz nehmen. Mit 100 Grad Celsius liegt dieser Referenzpunkt jedoch weit entfernt von der korrekten Temperatur für Wein, die bei circa 78 Grad Celsius liegt.

Wie können Sie den Ankereffekt für sich nutzen?

Mit einigen interessanten Tipps lässt sich der Ankereffekt in vielen Branchen nutzen, denn wie Sie gerade eben erfahren haben, kann der Effekt nicht umgangen werden. Ob die Kunden und Kundinnen wollen oder nicht, sie werden magisch davon beeinflusst. Welche Optionen gibt es nun, um Ihr Produkt wirksam anzubieten?

Zahlen im Namen

Ist in Ihrem Firmennamen eine Zahl enthalten, überlegen Sie genau welche. Bereits hier können Sie den ersten Anker setzen. So zum Beispiel geben erwiesenermaßen Besucher in der „Tapas Bar 97“ durchschnittlich mehr Geld aus als in der „Tapas Bar 13“.

Mit Rabatt-Prozenten und gestrichenen Preisen höheren Absatz suchen

Für Kundinnen, die zum ersten Mal ein Geschäft betreten, ist alles neu. Mit den ersten Preisschildern können Sie hier den richtigen Einfluss geltend machen. Ein durchgestrichener Preis dient als erster Anker. An diesem Preis orientiert sich der zukünftige Kunde. Der Originalpreis erscheint natürlich etwas hoch, doch das direkt daneben stehende Rabatt-Angebot überzeugt auf diese Weise viel schneller.

Geben Sie des Weiteren Rabatte eher in Prozenten an, anstatt den neuen Preis anzuschlagen. Ein Rabatt um 20% sieht viel verlockender aus als der neue Preis über 5 Euro. Als Faustregel gilt, bei Rabatten von Artikeln mit Preisen unter 100 Euro sollten Prozentwerte genutzt werden. Bei denen, die mehr als hundert Euro kosten, kommt die Reduktion in Euro besser an.

Preis-Psychologie: die 99-Cent-Preise

Bei Preisen, die mit -,99 enden, wird die vor dem Komma stehende Zahl als Anker genutzt. Werden zwei gleichwertige Artikel angeboten, schlagen die Testpersonen eindeutig die Richtung des günstigeren Modells ein.

Zum Beispiel bei einer Packung Buntstifte wird eine für 5,99 Euro angeboten, die andere für 7 Euro. Der Großteil der Kunden entscheidet sich für das günstige Produkt. Wird jedoch der Preis auf 6,99 Euro erhöht, entscheiden sich viel weniger Leute für die günstige Variante, da der Preisunterschied zu gering ist.

Mit diesem Wissen im Hinterkopf kann eine intelligente Preisgestaltung zu wesentlich höheren Umsätzen führen.

Strategie für Service- und Produktpalette mit Anker

Erstellen Sie für Ihr Ladengeschäft oder den Online-Shop eine Produktumgebung. Liegt Ihre Hauptumsatzquelle bei Biobaumwollprodukten wie zum Beispiel einer Hose, die 50 Euro kostet, ist es sehr hilfreich, neben diesen Artikel ein Premiumprodukt zu präsentieren mit einem wesentlich höheren Preis. Auf diese Weise erscheinen die 50 Euro für die Baumwollhose nicht mehr so teuer.

Bieten Sie wenige Produkte an, können Sie mit einer geschickten Preisstrategie die Kunden zu dem Produkt leiten, das Ihnen die höchste Marge einbringt. Das Produkt mit der höchsten Marge sollte preislich zwischen einem teuren und einem billigen Artikel positioniert werden. Das teure Produkt dient als Anker, an dem sich die Kundinnen orientieren.

Voreinstellungen bei Angeboten an E-Mail-Adressen

Eine interessante Aktion für einen effektiven Anchoring Effekt ist die Voreinstellung von Preisen. Diese Methode wird gern bei Spendenaktionen genutzt, die via E-Mail verschickt werden. Wird ein Spendenwert von 70 Euro voreingestellt, spenden die Menschen in der Regel einen höheren Wert, als wenn die Voreinstellung bei 20 Euro liegt. Die Anker sind in diesem Fall 70 und 20 Euro, mit denen die individuelle Spende verglichen wird.

Mit dem Framing-Effekt zum Kauf animieren

Werbebotschaften können Kunden auf verschiedene Weise erreichen. Wie Sie besondere Angebote anbieten, wirkt sich direkt auf den Erfolg einer Marketingaktion aus. Eine zeitliche Begrenzung oder eine limitierte Anzahl an Exemplaren kann die Kaufentscheidung beschleunigen. Auch eine Anzeige, die wiedergibt, wie viele andere Kunden zum selben Produkt gegriffen haben, löst einen gewissen Kaufzwang aus.

Black Friday sale

Bei Werbeaktionen wie Black Friday oder Cyber Monday wird genau mit einem solchen Ankereffekt gearbeitet. Die zeitliche Begrenzung bringt Kunden dazu, schneller und mehr zu kaufen. Das ist ein klassisches Beispiel für den Framing-Effekt.

Sukzessive Preissteigerung ohne Kunden zu verlieren

Apple Produkte

Preise anzuheben ist für jedes Unternehmen ein Knackpunkt, an dem sie durchaus eine Menge Kundinnen verlieren können.

Das Paradebeispiel für eine sukzessive Preissteigerung, ohne dabei die Kunden zu vertreiben, ist Apple. Apple steigerte trotz Warnung von Experten in den letzten Jahren Stück für Stück seine Preise. Die Kunden scheint das nicht zu stören, denn Apple kann nicht über ein Absatztief klagen.

Wie gelingt dies? Der Preis steigt nur langsam an, obwohl die Produkte nicht im gleichen Maße verbessert werden. Jeder neue Preis wird als Anker für die kommende Preissteigerung genutzt.

Ankereffekt bei Verhandlungen

Der Ankereffekt kann nicht nur beim Verkauf von Produkten oder Dienstleistungen angewendet werden, sondern auch bei Geschäftsverhandlungen. Bei Gehaltsverhandlungen lohnt es sich, mit einer vertretbaren, doch hohen Gehaltsvorstellung anzufangen. Auf diese Weise wird Ihre Arbeit nicht als billig angesehen und Sie einigen sich mit dem Arbeitgeber leichter bei einem Wert, der über Ihrem Durchschnitt liegt.

Fazit

Der Ankereffekt ist ein Phänomen, dass bereits seit Jahren, vielleicht sogar schon immer von den Menschen genutzt wurde. Schätzungen werden anhand weniger Informationen abgegeben. Was in Urzeiten aus einem Überlebenswillen heraus geschah, wird heute in der kommerziellen Welt für höhere Umsätze genutzt.

Anker wirken unbewusst und sind durch die individuellen Erfahrungswerte gesetzt worden oder werden von Firmen gezielt ausgeworfen. Damit der Ankereffekt seine volle Wirkung erzielt, gibt es, wie eben im Beitrag gesehen eine Menge verschiedene Optionen, die die dafür sorgen können, dass Kunden und Kundinnen mehr und teurer einkaufen.

Bei Vertriebs- und Marketingstrategien sollte der Ankereffekt nicht außen vor gelassen werden. Zur Entwicklung einer solchen Strategie kann auch eine Marketingagentur zu Rate gezogen werde.

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